Fliesenlegen mit System: Wie der PavePal P900 den Bau digitalisiert
Automatisierung auf dem Bau – mehr als nur Effizienz
Der Bausektor steht unter stetigem Druck: Fachkräftemangel, steigende Lohnkosten und Termindruck machen den Ruf nach Automatisierung lauter. In vielen Bereichen ist diese bereits Standard – doch im Ausbau, speziell bei Tätigkeiten wie dem Verlegen von Bodenfliesen, sind Automatisierungslösungen bislang selten. Der PavePal P900 von Partner Robotics aus China ist einer der ersten Versuche, diesen Arbeitsschritt zu robotisieren. Die Maschine kombiniert autonome Navigation, visuelle Positionierung und präzise Vibrationsnivellierung, um Fliesen zügig und gleichmäßig zu verlegen. Doch wie leistungsfähig ist das System wirklich – und wie praxistauglich?
Technologie im Detail: SLAM, Bildverarbeitung und Präzision
Der PavePal P900 nutzt SLAM-Technologie (Simultaneous Localization and Mapping), um sich autonom im Raum zu orientieren. Ergänzt wird dies durch kamerabasierte Bildverarbeitung, die die genaue Positionierung der Fliesen ermöglicht. Damit erreicht das System eine Fugenpräzision von unter 0,5 Millimetern – vorausgesetzt, der Untergrund ist eben und vorbereitet. Die Maschine verarbeitet Fliesenformate bis zu 900 x 900 Millimetern bei einem Gewicht von bis zu 20 Kilogramm. Für großformatige Elemente, die händisch nur schwer zu verlegen sind, ist das ein relevanter Vorteil.
Dank automatischer Klebstoffapplikation und Vibrationsnivellierung kann der Roboter bis zu 18 Quadratmeter Fliesen pro Stunde verlegen. Die Akkulaufzeit beträgt rund sechs Stunden. Mit einer Gesamttraglast von 950 Kilogramm ist der P900 für industrielle Großflächen ausgelegt – etwa beim Bau von Flughäfen oder Einkaufszentren. Ein Beispiel: Am Baiyun Airport in China wurde der Roboter auf 400.000 Quadratmetern eingesetzt.
Potenziale: Geschwindigkeit, Qualität, Entlastung
Die größten Vorteile des PavePal P900 liegen in der Kombination aus Geschwindigkeit und gleichbleibender Verlegequalität. Während menschliche Teams aufwendige Vorbereitungen benötigen und Ermüdung eine Rolle spielt, arbeitet der Roboter mit konstanter Taktung. Besonders bei monotonen, flächenintensiven Verlegearbeiten kann dies die Effizienz deutlich steigern. Auch die körperliche Entlastung menschlicher Fachkräfte ist ein Argument: Das Verlegen schwerer Fliesen ist körperlich anstrengend und fehleranfällig – hier kann Technik gezielt unterstützen, ohne den Menschen zu ersetzen.
Kritikpunkte: Normen, Realbedingungen, Transparenz
Trotz der technischen Leistungsdaten gibt es offene Fragen. So fehlt aktuell ein Hinweis auf eine CE-Zertifizierung oder die Anpassung an europäische Sicherheits- und Qualitätsnormen. Auch ist unklar, wie gut das System auf realen Baustellen mit Unebenheiten, wechselnden Lichtverhältnissen oder komplexen Layouts funktioniert. Diese Herausforderungen unterscheiden die Praxis stark vom standardisierten Testumfeld – und sind entscheidend für eine tatsächliche Integration in europäische Bauprozesse.
Zudem bleibt fraglich, wie Partner Robotics mit internationalen Anforderungen umgeht. Für eine Markteinführung in Europa sind nicht nur technische Nachweise, sondern auch rechtliche und sicherheitstechnische Klarheit notwendig. Die Offenheit gegenüber Kooperationen mit lokalen Bauunternehmen, Zertifizierungsstellen oder Schulungsanbietern wird über den Erfolg mitentscheiden.
Fazit: Roboter, die entlasten – nicht ersetzen
Der PavePal P900 zeigt eindrucksvoll, was im Bereich Bauautomatisierung möglich ist. Seine Stärke liegt nicht in futuristischer Autonomie, sondern in der gezielten Unterstützung bei körperlich belastenden, repetitiven Tätigkeiten. Gerade auf Großbaustellen könnte der Einsatz solcher Systeme Effizienz, Qualität und Arbeitsschutz gleichermaßen fördern. Doch um auch auf europäischen Baustellen Fuß zu fassen, braucht es mehr als technologische Reife – es braucht Normenbewusstsein, Transparenz und realitätsnahe Tests. Die Richtung stimmt – jetzt kommt es auf die Umsetzung an.