Neue KI-Rollen: Warum Organisationen scheitern, wenn sie nur auf Modelle setzen
Einleitung: KI ist mehr als ein technisches Projekt
Künstliche Intelligenz hat längst den Weg aus Forschungslaboren in den Unternehmensalltag gefunden. Trotzdem behandeln viele Firmen KI noch immer als ein IT-Projekt mit klar definiertem Anfang und Ende – besetzt mit ein paar Data Scientists, vielleicht einem Machine Learning Engineer und einem Projektmanager. Dass diese Sichtweise zu kurz greift, zeigt eine aktuelle Analyse von Gartner. Nicht die Technologie ist das Problem, sondern die fehlende strukturelle Tiefe in den Teams. Wer KI langfristig erfolgreich einsetzen will, muss Organisation neu denken – mit Rollen, die weit über das technische hinausgehen.
Das Fundament: Ohne diese Rollen funktioniert keine KI-Infrastruktur
Im Kern jeder funktionierenden KI-Organisation stehen Rollen, die die technische Basis sichern. Data Engineers kümmern sich um den Datenzugang, stellen Qualität sicher und sorgen für die Einhaltung gesetzlicher Standards. In einem europäischen Kontext ist diese Rolle besonders kritisch, da sie oft regulatorisch hoch anspruchsvoll ist.
Machine Learning Engineers sind für die Entwicklung und Operationalisierung der Modelle zuständig. Sie arbeiten eng mit Data Scientists zusammen, die datenbasierte Muster erkennen, Hypothesen aufstellen und Handlungsempfehlungen ableiten. Neu hinzugekommen ist die Rolle des Prompt Engineers. Mit dem Aufstieg großer Sprachmodelle ist diese Funktion unerlässlich geworden – sie formuliert Prompts so, dass die Modelle zielgerichtet und nutzbringend arbeiten. Schließlich sorgen AI Developers dafür, dass diese Modelle in reale Anwendungen überführt werden, die im Unternehmensalltag genutzt werden können.
Emerging Roles: Vertrauen, Fairness und Domänenwissen etablieren
Technologische Leistungsfähigkeit allein reicht nicht mehr aus. Die wachsenden Anforderungen an Fairness, Transparenz und geschäftliche Relevanz machen neue Rollen notwendig. Model Validatoren prüfen, ob Modelle robust, fair und ohne systematischen Bias arbeiten – eine Voraussetzung für das Vertrauen von Nutzer:innen und Entscheidungsträgern.
Knowledge Engineers erstellen und pflegen strukturierte Wissensbasen, auf die moderne KI-Systeme zugreifen können. Besonders bei LLMs ist diese Rolle entscheidend. Decision Engineers verknüpfen Modelloutputs mit realen Geschäftsentscheidungen – zum Beispiel in Form automatisierter Entscheidungsprozesse oder interaktiver Dashboards.
Kontext & Strategie: KI als Teil der Organisationsstruktur denken
Die vielleicht wichtigste Ebene betrifft die strategische Integration von KI in das Unternehmen. AI Architects orchestrieren komplexe Systemlandschaften und sorgen dafür, dass alle Komponenten vom Dateninput bis zum Frontend zusammenpassen. AI Risk & Governance Specialists sind für regulatorische Fragen, Compliance und ethische Standards verantwortlich. Diese Rolle ist gerade in sensiblen Branchen wie Gesundheit oder Finanzen unverzichtbar.
Der Head of AI übernimmt die Führung: Er verantwortet Roadmap, Budget und Priorisierung. AI Product Manager stellen sicher, dass KI-Produkte marktreif sind und echten Nutzer:innenmehrwert bieten. UX Designer sorgen für intuitive Interaktionen, während Data & AI Translatoren die Kommunikation zwischen technischen und nicht-technischen Teams erleichtern. Der AI Ethicist wiederum bringt normative Perspektiven ein und stellt sicher, dass technologische Lösungen mit gesellschaftlichen Werten im Einklang stehen. Ergänzt wird dieses Set durch Model Manager und Analytics Engineers, die operative Stabilität und datengestützte Selbstermächtigung sichern.
Die Herausforderung für den Mittelstand: Kombinieren und fokussieren
Viele dieser Rollen sind hochspezialisiert und nicht einfach im Mittelstand umzusetzen. Deshalb stellt sich für viele Unternehmen die Frage: Welche Rollen können intern abgedeckt werden – eventuell auch kombiniert – und welche Aufgaben müssen durch externe Partner ergänzt werden? Während sich Engineering- und Dev-Rollen teilweise bündeln lassen, sollten Governance, Ethik und Validierung nicht vernachlässigt oder beiläufig bearbeitet werden. Hier drohen langfristig massive Reputations- und Haftungsrisiken.
Fazit: KI verlangt strukturellen Wandel, nicht nur technisches Know-how
Das von Gartner skizzierte Rollenmodell ist kein Wunschzettel, sondern ein realistischer Entwurf für Organisationen, die KI ernsthaft betreiben wollen. Es zeigt, dass es nicht ausreicht, ein paar technikaffine Köpfe einzustellen. Vielmehr ist KI eine Herausforderung des Organisationsdesigns. Wer sich dieser Realität stellt, kann nicht nur bessere Modelle bauen, sondern echte Wirkung erzielen – mit Vertrauen, Verantwortung und klarem strategischem Kompass.